Maisonne, 61 Jahre; verheiratet, drei erwachsene Kinder, wohnhaft in einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein, Verwaltungsangestellte, die es liebt, kreativ zu sein

Trotz Corona fühle ich mich in meinem Körper wohl.

Wenn ich diesen Satz schreibe, meldet sich als Erstes mein Herz.

Es schlägt seinen Rhythmus, wie die alte Uhr im Raum. Beide laufen der Zeit nicht davon. Sie gehen weiter in ihrem Rhythmus. Was bedeutet das? Die Uhr kann von der Wand nicht fort. Sie ist mit der Wand und meinen Erinnerungen verbunden. Das Herz kann nicht aus meinem Körper. Es hält mich am Leben.

Viele Dinge schaden meinem Herzen, mir. Die meisten davon verursache ich selbst oder die Zeit, die die Uhr mir anzeigt. Dodong. Ticktack. Beides klingt in die Stille des Tages hinein. Ich bin. Die Uhr ist. Wir verbringen unsere Zeit gemeinsam in dem Raum, in dem sie an der Wand hängt, und ich auf meinem Lieblingssessel hocke. Sie tickt. Ich träume, lese, schreibe oder stehe auf, trete an den Tisch und male.

„Du zeigst mir an, was die Zeit ist.“ „Sie ist manchmal träge und doch immer im Gleichklang des Ticktacks.“ Ob mein Herz sich schnell oder langsam bewegt, die Zeit bleibt in ihrem Takt. Ich bin es, die denkt: „Der Tag zieht sich dahin.“ Die Wahrheit ist, die Zeit geht in gleichmäßigem Takt weiter und weiter. Endlos weiter und ohne, dass ich Einfluss darauf nehmen könnte.

„Zeit, wo bist Du geblieben?“ Ich bin es, deren Zeit im immer gleichen Rhythmus vergeht. Die Uhr gibt den Takt vor, das Herz die Lebenszeit. Ich bin es, deren Herz schnell oder langsam schlägt. Mein Kopf vergisst, dass es die Zeit gibt. Ich ärgere mich. Ich freue mich. Ich rege mich auf. Ich ängstige mich. Ich bin es, die mein Leben und seinen Rhythmus beeinflusst. Ob mit oder ohne Virus. So vieles ist möglich.

Mein Herz dankt es mir, wenn ich nicht durch die Welt rase. Es eilt nicht gerne. Es dankt mir, wenn ich mir selbst glückliche Stunden schenke. Und so finde ich mich im Einklang mit der Uhr an der Wand in meinem Lieblingssessel wieder. Ich blicke aus dem Fenster. „Es wird bald Frühling.“ Die Sonne scheint. Die Winterlinge und die Schneeglöckchen blühen. Ich träume eine Minute, ohne zu wissen, wovon. Der Bleistift in meiner Hand weiß, was ich schreiben will. Er schreibt einen Satz in das Notizbuch, das auf meinen Knien Halt findet. Die Uhr tickt. Mein Herz pocht. Ich bin in Frieden mit mir. In mir ist es still. Nichts eilt. Nichts muss unbedingt erledigt werden. Ich bin entspannt.

Trotz Corona geht es mir gut. Wenn ich diesen Satz schreibe, meldet sich bei mir die Frage: „Vermisst Du etwas?“ „Was ist mit den Menschen, die Dir am Herzen liegen, und die Du, seitdem das Virus existiert, so selten siehst?“ Ich kaue auf dem Bleistift. „Ich rede mit ihnen, schließlich gibt es andere Medien. Und Briefe. Ich liebe es, Briefe zu schreiben.“ Meine Hand schreibt: „Ich fühle mich lebendiger, wenn viele Menschen um mich herum sind.“

„Sind wir jetzt alleine?“ Poch. Poch. „Für immer?“ Bewegungslos lag der Bleistift in der Hand.

Ich fragte: „Ist das so? Ist das so, wenn man alt wird?“ Ich erhob mich vom Sessel. Meine Füße wanderten unruhig durch den Raum. „Ist das unsere Aufgabe? In das Alleine sein und das Altwerden hineinwachsen?“ Die Uhr tickt. Ticktack. „Ich will 80 Jahre alt werden.“ Mein Bleistift schreibt wie von alleine: Es ist an mir, die Zeit, die mir geschenkt ist, so zu nutzen, dass mein Herz glücklich ist.

Ein Jahr mit dem Virus ist vergangen. Ich freue mich auf den Frühling. Das Herz schlägt. Dadong. Ich lebe. Ich bin zufrieden. Die Uhr an der Wand tickt.