Maren, 53, verheiratet, Mutter einer erwachsenen Tochter, freiberufliche Instrumentalpädagogin, wohnhaft im Rheinland, Deutschland

Corona, die Krankheit

Corona, die Krankheit, macht mir angst. Sie ist nicht greifbar für mich. All die vielen Nachrichten um die unterschiedlichen Verläufe beunruhigen mich. Symptomloser Verlauf… heißt das, ich kann es schon gehabt haben, ohne dass ich es bemerkte?! Waren die Tage im Herbst, als ich mich so schlapp fühlte und mir latent übel war, schon Corona?!

Ich beruhige mich selbst. Atme tief durch. Ziehe meine Schuhe aus und spüre den Boden unter meinen Füßen. Er trägt. Ich erde mich, spüre mich. Ich lebe. Noch ein tiefer Atemzug. Nein, ich weiß nicht, ob ich Corona schon hatte.

Wünschte ich es mir? Was ist das für eine Frage?! Niemand will doch gerne krank sein, oder? Aber… wenn ich es bekäme und es wäre nur ein milder Verlauf… wäre dann nicht alles gut? Das kann mir niemand versprechen. Nein, ich wünsche es mir nicht, Corona zu bekommen.

Ich spüre, ich habe Angst um andere. Ich mag mir nicht vorstellen, dass meine Mutter an Corona erkrankt. Sie ist hochbetagt. An Weihnachten haben wir sie zu uns geholt. Trotz – oder wegen Corona? Es war mir unerträglich, sie allein zuhause zu wissen. Eine Woche vorher sind wir in Vorsichtsquarantäne gegangen. Dann haben wir sie abgeholt. Auf der langen Autofahrt immer wieder gelüftet. Daheim war der Esstisch ausgezogen, das Lüftungsgerät, das ich für meinen Unterricht angeschafft hatte und mit dem ich doch nicht unterrichten darf, stand mitten im Wohnzimmer und machte mal mehr, mal weniger Krach. Dazu alle naselang Querlüftung. Küchenbetretung war für meine Mutter verboten, zu eng der Raum. Trotz dieser Veränderungen im Beisammensein, habe ich die Zeit aus ganzem Herzen genossen und meine Mutter am Ende auch fest umarmt.

Zu viele Sorgen? Zu viel Angst vor Corona?

Während ich dies schreibe und an die Menschen denke, um die ich mich sorge, die ich schützen möchte, hakt sich ein Gedanke in mir fest: Ja, auch ich könnte an Corona sterben.

Im September bin ich operiert worden. Vor der Operation lag ich auf meinem Bett und dachte darüber nach, dass das jetzt auch das Ende sein könnte. Vielleicht würde ich nicht wieder aufwachen. Und dann? Das Leben ist endlich. Wäre das jetzt meine Endzeit? Ich staunte ein bisschen darüber, dass der Gedanke nichts Beängstigendes für mich barg. Da würde mancher traurig sein, dachte ich. Und ich selbst? Würde ich das Leben vermissen? Der Gedanke, nicht wieder aufzutauchen, ängstigte mich nicht. Ich stellte es mir vor wie langes Schlafen, ohne Schmerzen. Der Gedanke, dass am Ende vielleicht jemand auf mich warten würde, ich muss es zugeben, war ein wenig verlockend. Ich dachte an meine Drillingsgeschwister und daran, dass sie mich bestimmt mit offenen Armen empfangen würden… dann schlief ich ein. Ja, auch ich könnte an Corona sterben…

Heute macht mir der Gedanke angst. Ich stelle es mir schrecklich vor, an Corona erkrankt im Krankenhaus zu liegen, keine Luft zu bekommen, um mein Leben zu ringen und dann von Marsmännchen in Schutzanzügen gewendet zu werden…

Nein, ich glaube, es ist nicht der Gedanke daran, dann durch Corona tot zu sein, der mich ängstet, es ist das WIE des Sterbens, das mich das Fürchten lehrt.