Meine Sportmatte. Friedlich liegt sie im Keller auf dem Korkboden und wartet geduldig darauf, dass sie meinen Füßen, Händen, Knien und Rücken Halt, Stütze und ein bisschen Wärme geben kann.
Lila ist sie, und ich bin so froh, dass ich damals im Internet genau diese Farbe angeklickt habe. Es war noch kurz vor Corona. Ich wollte endlich mal eine eigene Unterlage mit in die Sportgruppen nehmen und ahnte nicht, dass alle so plötzlich schließen würden. So kommt es, dass meine Matte noch nie unseren Kellerraum verlassen und Tageslicht gesehen hat – trotzdem ist sie im Dauereinsatz.
Am meisten kann ich ihre Frühlingsfarbe donnerstags genießen. In meiner Yoga-Online-Stunde bei Florian. Mal auf einem Knie balancierend, mal langgezogen wie ein widerspenstiges Gummiband, mal mit korkenzieherartig verdrehter Wirbelsäule genieße ich dann dankbar den sanften Untergrund. Von der leuchtenden Farbe lasse ich mich in den anstrengendsten Momenten gerne an Frühlingsblumen erinnern, getupft mit dem Morgentau meiner glitzernden Schweißtropfen. Das lenkt ab vom Dehnungsschmerz.
Montags und dienstags ist Gymnastikstunde, da wird meine Matte mit Füßen getreten. Nicht achtlos, sondern auch hier in Dankbarkeit dafür, dass sie nicht wegrutscht. Ich kann mich auf sie verlassen.
Freitags beim Feldenkrais wird sie unsichtbar, da breite ich eine Decke über meiner Matte aus, begebe mich schicksalsergeben in die Rückenlage und versuche halbwegs umzusetzen, was unser Lehrer uns übers Internet zu vermitteln versucht.
Meine lila Fußschmeichlerin ist nicht allein im Einsatz. Eine ungewöhnliche Symbiose ist sie eingegangen: mit meinem Laptop. Denn ohne feste online-Termine und ohne die Anleitungen und Aufmunterungen meiner Trainerinnen und Trainer würde sich allenfalls mein innerer Schweinehund im Keller räkeln. Doch nun habe ich – dank Corona und dank meiner Matte – so viel Sport wie noch in gemacht in meinem Leben.
Aber am Mittwochabend, da hat meine Matte Pause. Dann räume ich sie an die Seite und sie darf zuschauen. Ich brauche dann nämlich Platz, viel Platz, denn das ist die Zeit zum Tanzen: Zum Drehen, Biegen, Schreiten und Wiegen. Beim Bauchtanz schaffe ich es am allerbesten, Corona zu vergessen. Für eine Stunde jedenfalls.