Brigitte aus NRW, 64, alleinlebend, Bibliotheksassistentin im Unruhestand, Reisefan und Hobbyfotografin, die auch gerne schreibt

Friseurtermin

Corona betrifft mein Leben im Augenblick ganz heftig, wenn ich in den Spiegel schaue. „Ich brauche dringend einen Friseur“, jammerte auch eine Freundin neulich am Telefon, „ich kann inzwischen einen Wischmopp ins Homeoffice stellen, um bei Videokonferenzen meine Anwesenheit vorzutäuschen!“ Bei dieser Vorstellung mussten wir beide herzlich lachen.

Aber die wochenlange Schließung der Salons ist nicht wirklich lustig. Corona stellt auch hier mein Leben auf den Kopf – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Friseure sind dicht, aber meine Haare wachsen trotzdem weiter! Irgendwann verdeckt der lange Pony meine Augen und die Haare lassen sich nicht mehr frisieren, fallen auf dem Kopf wild durcheinander. Habe ich sie dann kunstvoll irgendwie mit viel Festiger und Haarspray drapiert, macht der Wind draußen in 2 Minuten alles wieder zunichte. Da hilft nur noch eine Mütze. Aber bei strahlendem Sonnenschein und Frühlingstemperaturen ist das auch keine Lösung … Ich versuche es mit Haarreifen und Spange – aber das sieht blöd aus, das bin nicht ich!
Was also tun?

Da werde ich das Haareschneiden wohl in die eigenen Hände nehmen müssen. Freunde und Familie haben vehement abgewinkt als ich sie bat, mir die Haare zu schneiden. Langsam fühle ich mich unwohl und ungepflegt mit meiner Matte auf dem Kopf. Haare waschen mit Kopfmassage ist zu Hause kein großes Problem, aber beim Friseur natürlich viel angenehmer und entspannender, wenn ich mich dabei bequem zurücklegen kann. Der Umgang mit der Schere bringt da schon mehr Probleme und vor dem Spiegel sehe ich mich auch noch in einer ganz anderen Perspektive. Den Pony könnte ich vor dem Schneiden mit einem Haarband oder mit Klebeband fixieren. Es soll ja auch Menschen geben, die sich dafür eine Schüssel auf den Kopf setzen. Bei meinen Locken ist es auch nicht tragisch, wenn der Schnitt nicht ganz grade ist.
An mehr als an meinen Pony traue ich mich nicht heran. Da brauche ich die Profis. Was machen eigentlich Menschen, die bei der Haarpflege ständig Hilfe brauchen wie z.B. Ältere, Bewegungseingeschränkte oder Demenzkranke?

Ich denke für uns alle ist es gerade in der kontaktarmen und unsicheren Coronazeit wichtig, durch ein gepflegtes Aussehen und körperliches Wohlbefinden psychisch besser drauf zu sein. Friseurinnen und Friseure können beeinflussen, wie sich Menschen in ihrem Inneren fühlen und in schwierigen Zeiten etwas Normalität geben.

Vor ein paar Tagen dann die Meldung, dass die Friseure wieder öffnen dürfen. „Endlich“, geht es mir durch den Kopf und ich muss sofort meine Freundin anrufen. „Großes Glücksgefühl mit 13 Buchstaben …?“, frage ich sie lachend.

„Friseurtermin“, kommt es prompt von ihr fröhlich zurück.