Elli, 57, 4 Kinder, aus Niederösterreich

Ich kenne jemanden, die Corona hatte…

Vor mehr als einem Jahr lernte ich eine Frau kennen. Es war zum Jahreswechsel im Haus der Stille bei Graz. Greta fiel auf durch ihre positive Ausstrahlung trotz ihres Alters, einiges über 70, aber vor allem trotz ihrer körperlichen Leiden wegen Parkinson. Sie war immer gut aufgelegt, hatte ein verschmitztes Lächeln im Gesicht und strahlte Lebensfreude aus. Sie erzählte uns, dass sie leidenschaftlich gerne Gedichte schreibt und bot sich an, einen Abend mit einer Lesung ihrer Werke zu gestalten. Ich und alle anderen Zuhörer lauschten begeistert ihren Worten und staunten sehr über die oft langen, im Dialekt gereimten Wort-Kunst-Werke. Am Ende dieses Jahreswechsel-Seminars tauschte ich mit ihr Adresse und Telefonnummer. So blieben wir in Kontakt. Als ich vor einem Jahr genau zu Beginn der Corona Pandemie ins Krankenhaus musste, besuchte sie mich noch am Vortag der Operation.

Die Unsicherheit, was wird mit Corona auf uns zukommen, stand schon im Raum. Aber das hielt Greta von ihren Unternehmungen nicht auf. Sie brachte mir eine selbstgebastelte Kerze und ein wunderschön gefertigtes Schutzengerl aus ihrer Kreativ-Werkstatt. Als Corona immer mehr unser Land eroberte und die Folgen sich begannen abzuzeichnen, dachte ich mir öfter: hoffentlich bleibt Greta von diesem Virus verschont. In ihrem Alter mit dieser Vorerkrankung wäre das bestimmt gefährlich, ja lebensbedrohend. Ab und zu hörte ich von ihr und ihren nun doch eingeschränkten Aktivitäten. Sie erzählte mir, dass sie, wenn es möglich und erlaubt war, in einem Pflegeheim die Menschen besucht, um ihnen Freude zu bringen, sie zu unterhalten, oder mit ihnen zu basteln. Ich war beeindruckt. Der Wunsch, Gutes zu tun, zu helfen, war offensichtlich viel stärker als die Angst vor Ansteckung. Sie war trotz ihrer körperlichen Einschränkungen ein Energiebündel.

Eines Tages, vor zirka zwei Monaten, schrieb sie mir: „Ich bin im Krankenhaus, habe Corona“. Oh Gott, dachte ich, bitte hilf! Wir telefonierten und zunächst klang das nicht so schlecht wie befürchtet. Sie hatte sogar den Laptop mit und beschäftigte sich. Doch bald darauf ging es ihr immer schlechter: Fieber, Husten, das Atmen wurde mühsamer. Am nächsten Tag stöhnte sie mir kaum verstehbar ins Telefon: „Ich glaube, ich sterbe“. Große Betroffenheit kam in mir hoch. Stoßgebete schickte ich los.

Zwei Tage später meldete sie sich. Es ging ihr besser, sie sei über den Berg. Juhuu! Große Erleichterung! Ich freute mich für sie. Bald hieß es, sie soll entlassen werden. Schon? Ich war erstaunt. Sie selbst meinte, dass sie sich das eigentlich noch nicht vorstellen könnte, alleine daheim. Sie kam nach Hause, war aber so geschwächt, dass sie stürzte und vom Hausarzt sofort wieder ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Vielleicht geschah die zu frühe Entlassung wegen Platzmangel? Ich weiß es nicht. Nun verbrachte sie noch eine Woche im Spital. Ihr Gesundheitszustand verbesserte sich mit jedem Tag. Schon bald bekam ich wieder ein Gedicht von ihr – über Corona. Nun ist sie wieder zuhause, hat diese Erkrankung wirklich überstanden und steckt schon wieder voller kreativer Ideen.

Es ist für mich ein kleines Wunder und zeigt mir auch, dass ein starker Lebenswille, eine positive Lebenseinstellung und letztlich auch viel Gottvertrauen Großartiges vermag. Ich freue mich und bin dankbar, dass es meiner Freundin wieder gut geht.