Maisonne, 61 Jahre; verheiratet, drei erwachsene Kinder, wohnhaft in einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein, Verwaltungsangestellte, die es liebt, kreativ zu sein

Corona betrifft mein Leben, und zwar…

Mein geselliges Leben liegt brach. Es ist nicht so, dass ich immerzu ausging. Doch derzeit bin ich fast wie ein Hausgeist mit dem Zuhause verwachsen. Ich vermisse das Ausgehen und Feiern. Vor allem die Treffen mit den Menschen, die mir wichtig sind. Wir. Gemeinsames Arbeiten und Feiern. Ich plane so gerne Feste. Und liebe es, Hand in Hand am Gelingen derselben zu arbeiten. Wir für uns. Miteinander. Füreinander. Und nun ist Corona da. Und alle Feste fallen aus. Ich bin traurig. Mir fehlen die Aktivitäten und die Abwechslung, die meine Tage prägten. Die Menschen, die ich traf. Was soll ich denn nun an den Tagen tun? An den Abenden? Ich habe keinen Plan. Der Haushalt ist flugs fertig. Das Telefon bleibt still. Wir bleiben für uns. Die Stille zieht zu uns. Es gibt weniger zu erzählen. Der Fernseher läuft. In den Nachrichten gibt es Berichte von Corona. Ich mag es nicht mehr hören. Ich langweile mich. Wir planen nichts. Das Virus legt uns lahm. Nein, ich bin nicht daran erkrankt. Was ist nur los mit mir? Ich werde nicht mehr gebraucht. Ich starre vor mich hin.

Eigentlich drücke ich mich. Suche nach Gründen, nicht anzufangen. „Womit?“, fragst Du. Ich antworte nicht sofort. Die Menschen brauchen mich doch. Das spreche ich nicht laut aus. Dann lachst Du nur. „Denk doch mal an Dich.“

Ja, sie sind noch da. Die Menschen. Hin und wieder treffe ich in der Stadt auf sie, wenn ich einkaufe. Dann schauen wir in unsere traurigen Augen und seufzen. „Es wird auch wieder anders.“
Brauchen wir uns in dieser Zeit? Ich telefoniere mit der Familie und den Freunden. Und wir schreiben uns Briefe oder Mails. Der Kontakt ist da. Mehr braucht es im Moment nicht.

Corona wirft mich auf mich und mein Innenleben zurück. Ich werde nicht gebraucht. Meine Hilfe wird nicht gebraucht. Der Kalender ist leer. Die Zeit nach der Berufstätigkeit gehört mir. War das nicht immer so? Ja und nein. Ja, die Kinder sind erwachsen. Nein, in der Zeit, in der sie mich brauchten.

Pläne, die lange warteten, treten seit Corona in den Vordergrund. Ich brauche Zeit für sie, die ich für mich erdachte. Das Virus ist ein Geschenk? Nein. Es nimmt mir doch viel.

Corona betrifft mein Leben, und zwar setze ich Zeit gezielter für mich ein. In Projekte, die mir am Herzen liegen. Sie entwickeln sich in Stufen. Ich steige sie langsam hoch. Ich werde gebraucht. Auf jeder Stufe, die ich erklimme. Das macht mich stolz und glücklich.

Corona betrifft mein Leben, und zwar verändere ich mich. Ich werde gebraucht und auch nicht. Wie sonderbar! Vor Corona wusste ich es nicht. Ich war blind.
Erst die Stufen, die ich in den letzten Monaten erklomm, öffneten mir die Augen. Ich brauche mich. Wie kommst Du darauf? Na, sonst könnte ich keine einzige Stufe ersteigen. Ich stände dort, wo ich vor Corona war. Ich werde gebraucht! Für mich.

Ist das wichtig? Für mich ja. Ich werde es nicht mehr vergessen.