Wieviel Enge verträgt mein weites Herz? Ich weiß es nicht. Ich will es auch gar nicht wissen. Ich hoffe einfach inständig, dass es nie so eng wird, dass die Weite in mir verloren geht. Zwischenzeitlich hatte ich Angst davor. Angst davor, mich als lebendiges, waches und neugieriges Wesen aufzulösen, weil vier Leute mit so vielen verschiedenen Bedürfnissen und Temperamenten manchmal große Enge auslösen können.
Doch da war der Wald, die Spaziergänge, das tiefe Abtauchen im Grün und mein Herz, wenn auch laut und wild schlagend, durfte sich weiten. Und da war morgendliches Yoga. Tiefes Dehnen in mich selbst hinein. Und mein Herz ließ seine Panzer los und schmolz oft dahin. Und da war das Schreiben, das Versinken in meinen Gedanken und Gefühlsregungen. Das Ausmalen von Ideen in Buchstabenform. Und auch hier spürte ich die Unendlichkeit der Welt. Es gab intensive Telefonate, Tränen der Erschöpfung, Ehrlichkeit mit Freunden und auch hier durfte die Enge sich in die Weite der Verbindung verwandeln.
Also frage ich mich lieber … was hilft meinem Herz weit, anstatt eng zu sein?
Mich mit dem Neid und der Angst zu einem Kaffee verabreden hilft. Sie mit dunklen Decken abzuhängen, hilft nicht. Sie sind viel zu neugierig und agil. Ich muss sie willkommen heißen in meinem Seelenhaus. Ja, ganz unbedingt. Ihre Botschaften sind wichtig. Und es hilft mir, mit meinem Inneren Kind Luftschlösser aus Freude zu bauen oder es im Schmerz zu halten, wenn es das braucht. Überhaupt, wer ist da eigentlich alles auf meiner inneren Bühne? Wer agiert? Wer versteckt sich? Wer will mehr gesehen werden? Mir Zeit nehmen für diese so wichtige innere Arbeit, weitet mein Herz. Ich bin die Regisseurin, wohlwollend und dennoch bestimmt. Weit. Weit ist mein Herz auch wenn ich Zuversicht, spüre. Hoffnung. Glaube ans Leben. Glaube an mich. Vertrauen ins Sein. Vertrauen darin, dass das Leben für mich ist. Ich sage es mir. Mein zartes Herz braucht dieses Flüstern ab und zu, damit es sich nicht in die Enge der Schutzmauern verkriecht. Doch dann ist keine Nähe möglich.
Was macht ein enges Herz im Unterschied zu einem Weitem?
Mein Herz schützt sich dann. Verbarrikadiert sich. Sitzt da allein in der Weite meines Körpers. Ich habe das Gefühl es schmollt, grollt, schmerzt, weint oder zieht sich einfach in sich selbst zurück. Es lebt noch und schlägt auch noch. Aber es ist, als würde keinerlei Herzlichkeit, Wohlwollen, Wärme und Energie mehr zu anderen Lebewesen fließen. Fast ein bisschen wie erstarrt. Ein kleiner Tod. Also erinnere ich mich. Ich will ja leben. Ich liebe das Leben und liebe es mich lebendig zu fühlen. Also braucht es Freundlichkeit und Ehrlichkeit. Ein zartes Locken des Herzens sich zu öffnen. Sich zu öffnen für die Erfahrungen des Lebens. Sich verletzlich zu zeigen. Es bedeutet auch, Schmerz zu erfahren. Doch mein Herz weiß, dass es diesen Schmerz durch sich durchgehen lassen kann und nicht zerbrechen wird. Ich muss es aber an und an daran erinnern. Manchmal vergisst es das nämlich doch noch. Und ja, wenn mein Herz auch in der Enge des Schmerzes offenbleit, dann kann ich die Weite des Lebens spüren.
Alle Gefühle gehören wohl dazu. Und ja, sie können anstupsen, triggern, schmerzen und einfach nervig sein. Mich vor ihnen zu verschließen führt jedoch zu einem Kontaktabbruch mit mir selbst, mit den Anderen und dem Leben.
Ich glaube in der Enge, die Corona mit sich gebracht hat, durfte ich die Weite der Welt in mir und auch die Weite in der tiefen Verbindung zu anderen Menschen und der Natur erfahren. Fast ein Paradox. Aber ja, erst durch die Enge konnte ich nicht mehr wegfühlen und mich verschließen.
Ich habe mutig hin gefühlt und das Geschenk der inneren Weite erhalten.
Und gleichzeitig spüre ich, wie wichtig mir auch die äußere Weite ist.
Weite Felder. Ein endloser Horizont. Berggipfel Besteigen. Fliegen.
Ich liebe es, die Weite der Welt zu erkunden.
Und darauf freue ich mich wirklich riesig.