Amira, 52, schreibfreudiger Bücherwurm, baby-enkelherzend, wohnt grenznah und ländlich, in der Betreuung arbeitend

Augen – Antlitz

Meine Augen: Sie heben sich ab vom Weiß der Maske. Sie leuchten braun und warm. Bin ich erstaunt, schnellen die Brauen in die Höhe.

Ausdrucksmöglichkeiten haben seit der Maskenzeit einen starken, wichtigen Stellenwert. Welche Signale senden meine Augen sonst noch, wenn der Rest des Gesichtes verschwunden ist? Sie weiten sich, bis das Weiß des Augapfels hervorblitzt. Schreck oder Erstaunen: beides ist möglich. Wenn ich lache und positive Emotionen vermitteln möchte, verengen sich die Augenwinkel, legen sich in strahlenförmige Fältchen. Sie bündeln die Liebe an den schönen Moment, sehnen sich danach, eine liebevolle Verbindung mit dem Gegenüber einzugehen. Sie wollen rufen.“ Ich bin dir gut. Es wird schon. Wir sitzen in einem Boot. Ich respektiere dich. “So könnten ihre Botschaften lauten, in dem Versuch, den Augenblick zu unterstreichen.

Ein Augenblick sagt mehr als tausend Worte. So gesehen, bietet er mir derzeit viel Ausdruckspotenzial, vor oder hinter meinen Worten.

Die Masken erscheinen wie eine feine Trennwand oder Mauer, hinter der der Mund und das restliche Gesicht sich verbergen kann. Ich gebe zu, bisweilen finde ich diese Möglichkeit ganz praktisch. Es kommt mir vor, als dürfte ich mich dahinter ausruhen und erstmal abwarten. Es bleibt Zeit, sich zu sammeln, um einem Gefühl seinen Raum zu geben. Mir selbst und meinem Gegenüber fällt es schwerer, Emotionen und Worte einzuschätzen, ist der größte Teil des Gesichtes verdeckt. Blicke übernehmen die Rolle, Brücken zu schlagen, sanftere und zartere, als Worte es vermögen.

Mir liegt sehr daran, im alltäglichen Leben, beim Einkauf oder Spaziergang mit meinen Augen Freundlichkeit und Wärme auszusenden. Je mehr Wärme ausgestrahlt wird, umso freundlicher und liebevoller gestaltet sich unser Leben im Miteinander: senden und empfangen .Wie Sonnenstrahlen, die die Welt erhellen, so breitet sich unser Lachen um uns herum aus.

Bisweilen empfinde ich die Maske als Rückzugsort. Noch immer gelingt es mir nicht, mich wahrhaft zu zeigen. So als müsse ich erst prüfen, ob ich kann oder darf. Muss ich die Erwartungen der anderen erfüllen oder meine Vorstellungen davon?

Jeder Mensch erfüllt Rollen in seinem Leben. Ob daheim, in der Familie, auf der Arbeit und so weiter. Wer aber ist der wahre Mensch dahinter? Pflicht oder Kür ?

Ich glaube, der Ur -Mensch in uns , scheint in jeder unserer Rollen durch. Er lässt sich nicht verleugnen. Er lässt mich Ich sein. Ist die Farbe meines Wesens. Mein Atem. Warum also verstecken oder abwarten, ob es erlaubt ist?

Vielleicht befeuert die Zeit der Maske meinen Ur-Menschen hervorzutreten. Ohne Wenn und Aber. Irgendwann- hoffentlich bald -lacht auch der Mund wieder frei mit den Augen um die Wette.