Katrin Schuh, wohnhaft im Kreis Balingen, Deutschland, Clownin, Kursleiterin für Encausticmalerei ,62 Jahre alt, im Haushalt lebende 89jährige Mutter, ihr Mann (Pensionist), ihr Hund und zeitweise ihr 26jähriger Sohn

Ich spüre es

Wenn ich morgens aufwache denke ich erst mal es geht mir wirklich gut. Ich drehe und wende mich in meinem warmen Bett. Mir fehlt es an nichts. Ich strecke mich und bewege mich. Alles was sein muss läuft automatisch ab. Aber meinen Rücken muss ich erst aktivieren. Sieben Stunden ausgeruht, jetzt geht es wieder los. Was geht los? So wenig Termine hatte ich noch nie. Und doch sind die Tage ausgefüllt. Meine Freude und Kraft finde ich im Außen und hole es in mich hinein. Entspannung pur.

Schön zu sehen wie mein Hund sich rekelt und streckt auf seinem Kissen. Es macht mir immer wieder Freude meinen Hund zu beobachten obwohl er schon so alt ist. Ich gehöre ja jetzt auch nicht mehr zu den Jüngsten und doch merke ich es gibt viel Ältere in meinem Alter. Der Hund geht am Liebsten mit mir spazieren. Er freut sich wenn ich Jacke und Schuh anziehe. Da ist eine Verbindung die immer schon zwischen mir und meinen Hunden bestanden hat. War ich mal ein Hund? Da ist so viel Verstehen und soviel miteinander das spüre ich jetzt in dieser Zeit noch intensiver.

Viele Menschen umgeben sich mit einem Hund aber leben nicht mit ihm.
Mein Hund mit dem ich lebe ist tief in meinem Herzen. Meine Hunde aus der Vergangenheit betrachte ich auch immer noch mit sehr viel Liebe. Alle haben Charaktere die mich viel gelehrt haben. Sie haben mich körperlich und geistig fit gehalten. Bei jedem Wetter immer draußen in der Natur zu sein ist so wichtig. Die Natur mit allen Facetten zu spüren, welche Wohltat. Ohne Hund würde ich nicht regelmäßig laufen.

Das tut meinem Rücken gut. Auf dem lastet so viel Verantwortung und trotzdem hält meine Wirbelsäule mich aufrecht. Ja aufrecht durchs Leben zu gehen das ist mir immer schon wichtig gewesen.
In diesen Corona- Zeiten sind viele Menschen nicht mehr aufrecht, nicht mehr ehrlich und standhaft. Ich fühle die Last und halte dagegen.

In mir sind die Gedanken der Jahre gesammelt. Was in dieser Welt so wertvoll und stärkend ist. Ich gebe weiter was mir möglich ist. Ein gemaltes Bild , ein schönes Foto aus der Natur, ein liebes, persönliches Wort.

Im Wald kommen mir die schönsten Ideen. Die Bäume sind so verschieden wie die Menschen. Nach dem Schneebruch sehe ich viele dicke Äste neben den Bäumen. Es tut mir weh. Dem Baum sicher auch. Die umgefallenen Bäume werden weiter wachsen unter der Erde, verbunden mit dem Hauptbaum werden sie noch einen Rest von Nahrung und Stärkung bekommen. Bizarre Gestalten die ich da sehe. So ein Baum hat Charakter und Stärke, die er ausstrahlt. Auch ein knorriger, alter Baum hat noch Kraft.

Meine Kraft und Stärke verlässt mich in letzter Zeit immer wieder. Ich weiß aber an was und wo ich mich aufrichten kann. Es ist jeden Tag aufs Neue so spannend zu sehen was sich verändert in der Natur und in unserem Leben.
Genauer hinschauen ist in diesen Tagen so wichtig. Die wenigen Menschen die mir begegnen sind freundlich und aufgeschlossen. Hier und da ein Wort, nicht zu viel- es gibt sonst nur das eine Thema. Lieber über die Sonne und die ersten Krokus und Schneeglöckchen erfreuen, die Farbe in das zaghafte Grün der Wiese bringen. Ich entdecke die Stärke in meinem Garten. Ein Garten der sich entwickeln darf. Er wird nur etwas im Rahmen gehalten. Sich im Garten zu bewegen ist so beruhigend, vertraut und doch seit Corona ganz anders. Intensiver. Wie viel habe ich in diesem Garten, mit so viel Schatten, schon versucht anzupflanzen und jetzt kommen die schönsten Pflanzen von selbst.

Es ist eine Freude zusehen wie die Vögel im Efeu ihre Nester bauen. Sie sind so schlau. Sie wissen schon seit Jahren wo sie Material für ihre Nester finden. Jakos gesammelte Hundehaare sind seit langem sehr begehrt. Die Vogeleier liegen warm und weich in den Haaren. Ich stelle mir vor wenn die Jungen schlüpfen wie sie schauen, riechen und erst mal Hundehaare kennen lernen.

Bei all diesen Beobachtungen in der Natur spüre ich wie mein Rücken Kraft bekommt. Ich bin weg vom Alltag und den Verpflichtungen.
Aufrecht bleiben, aufrecht gehen, das will ich weiter beibehalten denn es gibt ja noch so viel zu sehen und zu entdecken.

Während ich schreibe spüre ich eine wohlige Wärme am Rücken. Das ist das Zeichen für mich dass ich das Richtige tue. Dankbar bin ich dafür mich wegzubewegen von dem was auf meinem Rücken lastet.
Ich habe es jetzt schon so oft erlebt es stärkt mich meinen Weg zu gehen und nicht aus den Augen zu verlieren. Dann geschieht auch viel von selbst.

Alles Leben fließt an meinem starken Rücken entlang, alles Gute und Liebe wärmt meinen Rücken. Vielleicht rückt noch Vieles näher an mich heran mit diesem lebendigen Rücken. Jetzt ist alles Gut. Ich spüre es .