Jenny, 37 Jahre jung, ledig, aus München

Trotz Corona geht es mir rundum gut in meinem Körper.

Wenn ich diesen Satz schreibe, meldet sich als erstes mein Bauch.

Er zieht sich zusammen und mir wird übel. Ich möchte laut schreien: „Es ist zum Kotzen!!!“

Zu diesem lauten Schreien kommt es nur selten bis nie. Meine zweite Empfindung, der dicke Klos im Hals, macht mir da nämlich einen ordentlichen „Strich durch die Rechnung“. Ich fühle Tränen in mir aufsteigen, die ich jedoch sofort wieder hinunterschlucke. Weinen wegen Corona? – Nein. Ich bin doch stark, ich schaffe alles, halte alles aus. ich gebe so schnell nicht auf. Angst vor dem, was noch so alles auf uns bzw. auf mich zukommen könnte? – Nein, diesen Gefühlen erlaube ich nicht, Raum in mir einzunehmen. Die Folge davon ist, dass sich Traurigkeit, Wut und Angst wieder in meinen Körper zurückziehen und dort ihr „Unwesen treiben“.

Mein Verstand denkt sich: ‚Super, jetzt ist alles wieder gut!‘ Ich schalte schnell in den Funktionier-Modus um, lebe (oder überlebe?) und meistere meinen Tag so gut ich nur kann. Büro / Homeoffice (das Homeoffice ist ein großes Geschenk – danke an Corona!), zu Hause alles in Ordnung halten, Einkaufen, Essen kochen usw. All das „wird ja schließlich von mir erwartet“ bzw. flüstert es mir eine innere Stimme oft zu. Vielleicht ist es sogar meine eigene Stimme? – Irgendwie klingt sie nicht so freundlich… Vielleicht sage ich ihr in mir, dass sie das nächste Mal freundlicher mit mir sprechen soll.

Ich bin ledig und habe keine Kinder. Dennoch ist mein Leben von Herausforderungen geprägt. Nicht zuletzt wegen meiner Gehbehinderung, die mir manche Dinge etwas komplizierter und auch anstrengender macht. Nichtsdestotrotz komme ich im Leben – meistens jedenfalls – gut zurecht und habe viel geschafft. Das alles nur als kleiner Einschub.

Zurück zu den unterdrückten Gefühlen. Ich bekomme in meinem Körper oft Schmerzen, besonders, wenn ich Angst habe oder Kummer. Da wird er eng und angespannt, das geht dann oft vom Kopf bis zu den Füßen. Der Klos im Hals wird immer größer und der Knoten im Bauch wird immer fester. Auch der Nacken meldet sich lautstark zu Wort.

Irgendwann bahnen sich dann die Tränen ihren Weg nach außen, vorzugsweise nachts, öfter auch tagsüber. Das Ventil geht auf, da ist kein Halten mehr… – Ja, ich kann nichts mehr im Körper festhalten, die Kraft dazu ist aufgebraucht.

Ich zittere. Am ganzen Körper, obwohl es nicht kalt ist. Ich schluchze und fühle mich wie ein kleines Mädchen, ohne Schutz, ohne Sicherheit, ohne Geborgenheit. Schnell mache ich mir meine Fußwärmflasche und noch eine zusätzliche andere warm, lege mir die eine an die Füße, die andere auf den Bauch und manchmal sogar auf mein Herz. Ich kuschle mich in meine Decke ein, ganz fest, versteht sich, damit ich mich spüre. Nun atme ich und lausche meinem Herzschlag, wie er langsam immer sanfter wird. Mein Atem fließt in gefühlter Einheit mit dem Herzen, ganz miteinander verbunden sind sie. Ich summe dem kleinen Mädchen in mir leise ein Lied… Irgendwann ist dann alles gut für uns beide… – Für mich.

Frieden zieht ein… – Endlich ist Frieden in mir.

Und jetzt… – fühle ich mich, trotz Corona, rundum wohl in meinem Körper.