Welch ein königlicher Tag – MEIN Tag. Die Universumslotterie hatte meinen Wunsch erhört, wobei ich glaube, dass dieser von sehr vielen kam: ‚Einen Corona-freien Tag für die Welt.‘ Ich dachte mir, dass es vermessen wäre, einen längeren Zeitraum zu wünschen. Es gab keine Vorbereitungszeit – nur weltweit per WhatsApp, Signal, Facebook, Instagram, Anrufen, Verkündigungen morgens um 5:00 die Jubelbotschaft: ‚Heute gibt es kein Corona.‘
Es mag eigenartig klingen, dass alle Menschen das sofort geglaubt haben. Keinerlei Zweifel – egal, welcher Fraktion man angehört. Sogar die Fake-Newsverbreiter/-Liebhaber, die Quer-/Gerade-Denker = alle wussten es und glaubten daran.
Welch eine Wonne – morgens früh um 5:00 – das ist ganz sicher nicht meine Zeit, nur – also ehrlich jetzt – das war mir sowas von wurscht – juhu, juhu – Leben, ich komme!
Was ein Glück – schon morgens war es klar und freundlich warm. Schnell ein paar Nachrichten verschickt und als Treffpunkt die große Wiese am Rheinufer vorgeschlagen, die Tasche gepackt, den Picknickkorb auch und Ich sah in Gesichter. Ja wirklich, Gesichter mit Mund und dieser hatte sich bereits bis zu den Ohren ausgebreitet. Irgendwie bewegten sich alle wie Oktopusse. Mehrarmige/mehrbeinige Wesen – sie hielten sich umschlungen, waren sich ganz nah. Kleine Kinder erkannten endlich die Nachbarn wieder.
Auf der Wiese war es total bunt, so viele waren gekommen und doch fanden sich Familien und Freunde. Es hatten viel mehr Platz als sonst. Keiner hatte seine Decke so ausgelegt, dass rundherum noch ein Distanzabstand sein musste. Im Gegenteil: „Bitte, gerne, ja klar … da ist noch Platz.“
Wieso fiel mir jetzt die Geschichte der wundersamen Brotvermehrung ein = alle wurden satt. Hier hatten alle Platz.
Ich weiß nicht so genau, ob es die Bäume waren, als es zu schwingen begann. Es schien eine Melodie zu sein: „mmmmhmmmhmm…“ Diese fand Resonanz. Zuerst waren es die Alten, die noch vor den Kindern zu tönen begannen. Nach kurzer Zeit waren es die Frauen und dann die Männer, die miteinstimmten. Dieses: „mmmmmhmmmmhmmm…“ hörte den ganzen Tag nicht auf. Es entstand eine Sinfonie des Lebens, welche so nach und nach die Körper in einer unglaublich zarten Grazie in Bewegung setzte. Jede/jeder kannte die Choreografie.
Da waren sie. Oh ja, da waren sie. Die Künstler jeglichen Genres und spielten. Theaterstücke für Große und Klein. Jedes Stück, welches je geschrieben wurde, war zu sehen. Ich flanierte von einer Bühne zur nächsten. Das Maß der Zeit war keines – es war so, als ob sich ein ganzes Leben auf einen Tag verdichtet hatte und nichts war zu viel. Gelächter, Purzelbäume, Seifenblasen…
Es gab Stände mit Zaubereien, manche waren in Sackerln liebevoll verpackt. Kostbarkeiten. All das, was ich brauchen würde – danach – nach diesem Tag.
Dieses Zuckerzeug – Liebesäpfel. Wenn ich daran schlecken werde, wird mein Körper überall Liebkosungen spüren.
Am Wurfstand habe ich flauschig, winzige Wolkenknäule auf einen Himmel aus blauer Seide gepustet. Da stand: ‚Jeder Schuss ein Kuss.‘ Die gab es in der Form von kühlen, glatten Sternen. Wunschsterne. Kusssterne.
Überall gab es etwas für mich. Bezahlt wurde mit Umarmungen.
Wir alle waren in großer Dankbarkeit – genau vor diesem Stand war es so richtig himmlisch. Ich traute sogar meinen Augen, als ich dieses kleine vergnügte Engerl sah, welches zarte weiße Federn verteilt hat. Immer war es so, dass es sich genau vor einen hingestellt und mit seinen Funkelaugerln in die des Gegenüber geschaut hat. Die Federln hat es dann mit einem kleinen Hopser überreicht. Hops. Damit es ein Busserl da oben auf die Stirne hauchen konnte. Es hat geglitzert und macht es noch immer.
Wir haben uns erzählen. Wir lagen in Hängematten, haben auf den Fluss geschaut und mit den Zecherln gewackelt. Wir waren alle ganz nah. Mein Papa war auch da – nicht nur die Zeit war keine, auch räumliche Entfernungen gab es nicht.
War ich aufgeregt? Nein, überhaupt nicht.
Es war doch so, wie es sich meine Sehnsucht schon längst vorgestellt hatte.
Wir wussten, dass es jetzt und hier so war und dass es danach wieder anders sein würde.
Ja, es ist anders seither. Wir glitzern. Wir hoffen. Wir lieben und pusten Seifenblasen … buhhhhhh